Enrico Rohr | Keine Kommentare
19.06.2024
Bei der Finanzierung der Energiewende setzt die Politik auch auf privates Kapital, anders sind
die erforderlichen Investitionen nicht zu mobilisieren. Um auch Privatanlegern die Beteiligung
an Erneuerbare-Energien-Projekten schmackhafter zu machen, haben die europäischen und
deutschen Regulierer zwei zusätzliche Vehikel auf den Weg gebracht, die den mittlerweile
bewährten, aber eher unflexiblen alternativen Investmentfonds (AIF) ergänzen: Europäische
Langfristinvestmentfonds in geänderter Fassung (ELTIF 2.0) und offene InfrastrukturSondervermögen (OIS).
Insbesondere im Hinblick auf die Liquidität bieten sie mehr Offenheit als AIF, in denen das Geld
in aller Regel für mehrere Jahre gebunden ist und allenfalls ein Zweitmarktverkauf eine
vorzeitige Exit-Option bietet. Doch Anleger sollten genau hinschauen, denn die ELTIF-2.0-
Manager haben bei Mindesthaltedauer, Kündigungsfristen, Rücknahmehäufigkeit und
vorzuhaltender Liquidität großen Gestaltungsspielraum. Zudem können sie auch in Private
Equity und Private Debt investieren. Aus OIS dagegen kann man, wie aus offenen
Immobilienfonds, erst nach frühestens zwei Jahren wieder aussteigen, nachdem man das
mindestens ein Jahr im Voraus angemeldet hat. In OIS-Portfolios darf ein Projekt nicht mehr als
10 Prozent ausmachen, ebenfalls 10 Prozent beträgt die Mindestmarge für liquide Mittel. Von
beiden neuen Fondsgattungen gibt es zusammen erst eine Hand voll am deutschen Markt, doch
mit weiteren Produkten ist zeitnah zu rechnen.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
21.05.2024
Nachhaltig orientierte Fonds hatten es zuletzt nicht leicht, vor allem da sie am kurstreibenden
KI-Boom kaum teilhaben. Sogenannte Artikel-9-Fonds, die auch als „dunkelgrün“ bezeichnet
werden, mussten in der Folge Federn lassen: Seit März 2023 wurden in jedem Monat mehr
Gelder abgezogen als neu investiert. Artikel-9-Aktienfonds büßten seither in Summe 20
Milliarden US-Dollar ein, während ihre Renten-Pendants 6 Milliarden hinzugewannen – unterm
Strich also ein dickes Minus für das Artikel-9-Segment.
Langfristig indes können nachhaltige Fonds ihren Marktanteil stetig steigern. Mittlerweile
folgen rund 55 Prozent der in Deutschland zugelassenen Fonds, die sogar 60 Prozent des
Vermögens verwalten, den entsprechenden Vorgaben von Artikel 8 oder 9 der EUOffenlegungsverordnung. In Summe sind das über 6.800 Fonds, aus denen die Anleger wählen
können. Der Löwenanteil von 6.200 Fonds orientiert sich an den weicheren Anforderungen des
Artikels 8 („hellgrün“), der lediglich eine Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und
Unternehmensführungs-Aspekten verlangt.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
15.05.2024
17 Jahre lang pumpten die Anleger mehr Geld in die offenen Immobilienfonds (OIF), als sie
daraus abzogen. Tempi passati: In den ersten beiden Monaten dieses Jahres flossen netto rund
500 Millionen Euro aus OIF ab, wie die Ratingagentur Scope vermeldet. Deren Analysten
rechnen mit noch stärkeren Entnahmen im weiteren Jahresverlauf, mit dem Höhepunkt im
dritten Quartal. Im Wesentlichen sei dafür die wieder attraktivere Konkurrenz durch
festverzinsliche Anlagen verantwortlich.
Für die Liquiditätssteuerung der OIF ergibt sich damit eine ungewohnte Herausforderung. Lange
Zeit bestand das Hauptziel darin, die Geldmittelquote nicht zu hoch steigen zu lassen. Nun muss
sichergestellt werden, dass jederzeit genug in der Kasse ist, um die Anleger auszahlen zu
können. Einstweilen scheint die Zahlungsfähigkeit nicht gefährdet zu sein: Im Schnitt weisen die
deutschen OIF eine Liquiditätsquote von 14,5 Prozent aus, gesetzlich gefordert sind 5 Prozent.
Dennoch schließt Scope nicht aus, dass es zu einzelnen Rücknahmeaussetzungen kommt. Zudem
könnten sich manche Fonds gezwungen sehen, Portfolioobjekte unter Zeitdruck und damit
potenziell zu suboptimalen Preisen zu veräußern.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
26.03.2024
Im Dickicht der Nachhaltigkeitsdefinitionen liefern ESG-Ratings (Umwelt – Soziales –
Unternehmensführung) dringend nötige Orientierung. Dass sich die Ergebnisse für ein und
dasselbe Unternehmen von Anbieter zu Anbieter stark unterscheiden können, tut der Nachfrage
keinen Abbruch. Vermögensverwalter können es sich kaum leisten, auf ein unabhängiges,
externes Testat zu verzichten. Andernfalls stehen Werbeaussagen mit ESG-Bezug nämlich schnell
unter Greenwashing-Verdacht.
Die wenigen Ratinghäuser haben deshalb gute Konjunktur. Eine Umfrage der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht unter 30 deutschen Kapitalverwaltungsgesellschaften legt nun
nahe, dass sie ihre Marktmacht in überzogene Preise für ihre Leistungen ummünzen. Noch nicht
mal jeder fünfte der befragten Vermögensverwalter ist der Meinung, die Ratingkosten würden
sich in einem angemessenen Rahmen bewegen. In der Kritik steht auch die Marktstruktur, die auf
ein Anbieter-Oligopol hinauslaufe. Zudem bemängeln die Vermögensmanager hohe
Mindestgebühren, die kleinere Marktteilnehmer überproportional belasten würden. Am Ende
zahlen so oder so die Anleger.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
21.03.2024
Die Börsen in Deutschland und den USA sind aktuell sehr optimistisch aufgestellt, das
Wirtschaftswachstum hierzulande bleibt einstweilen mau. Für viele Anleger rücken
Schwellenländer wieder mehr in den Fokus. Durch die jüngsten geopolitischen Entwicklungen
und seine Wachstumsschwäche steht China dabei weniger im Zentrum als in früheren Jahren.
Zahlreiche Unternehmen diversifizieren ihre Lieferketten und reduzieren die Abhängigkeit vom
Reich der Mitte. Aus naheliegenden Gründen ist auch Russland als weiterer BRICS-Staat bis auf
Weiteres ein wenig attraktiver Anlagemarkt.
Profiteure dieser strukturellen Neuordnung sind unter anderem Indonesien, Thailand, Malaysia
und der schlafende bzw. erwachende Riese Indien. Aber auch für Mexiko sehen EmergingMarkets-Experten derzeit gute Perspektiven. Zur Risikostreuung können Anleger sich an Fonds
beteiligen, die eine Vielzahl von Ländern und Unternehmen abdecken. Auch an SchwellenländerETFs gibt es ein breites Angebot. Überdies kommen Anleihen stabiler Staaten im „Globalen
Süden“ als Portfoliobeimischung infrage.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
20.02.2024
Am 10. Januar ist eine neue Regulierung für European Long-Term Investment Funds (ELTIF) in Kraft getreten. Der ELTIF 2.0 steht auch Kleinanlegern offen, nachdem sein Vorgänger die Hürden mit einer Mindestbeteiligung von 10.000 Euro pro Fonds bei mindestens 100.000 Euro im Portfolio noch sehr hoch gelegt hat. Technisch betrachtet handelt es sich um einen alternativen Investmentfonds (AIF). Im Gegensatz zu den meisten konventionellen geschlossenen Fonds soll der ELTIF jedoch kürzere Laufzeiten von in der Regel fünf bis acht Jahren bieten.
Über das neu gestaltete Anlagevehikel können Investoren sich an sogenannten Private Markets beteiligen, die nicht an den Börsen vertreten sind: Sachwerte wie Infrastrukturprojekte und Immobilien, Private Equity und Fremdkapitalfinanzierung. Diese mitunter sehr lukrativen Assets machen rund 90 Prozent aller Vermögenswerte aus und sind bislang für Privatanleger kaum beteiligungsfähig. Der erste deutsche ELTIF 2.0 steht in den Startlöchern und soll ab Ende März Investitionen in Wind- und Solarparks sowie Strom- und Glasfaserleitungen tätigen.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
08.02.2024
Die Finanzierung von Immobilien hat sich enorm verteuert, seit die Europäische Zentralbank im Kampf gegen die Inflation eine Zinserhöhungsrallye eingelegt hat. Reihenweise schlitterten Projektentwicklungsgesellschaften in die Insolvenz. Nun müssen auch die offenen Immobilienfonds (OIF) vermehrt Federn lassen: Einer Auswertung von Daten der Deutschen Bundesbank zufolge flossen im November 2023 erstmals seit 2017 in einem Monat mehr als eine halbe Milliarde Euro aus OIF ab. Schon in den drei Monaten zuvor zogen die Anleger unterm Strich mehr ab, als sie einzahlten. Hauptgrund dürfte die auf 0,6 Prozent abgeschmolzene Jahresrendite für 2023 sein.
Ob OIF nach zukünftigen Leitzinssenkungen wieder zu alter Beliebtheit zurückfinden werden, kann als ungewiss gelten: Seit diesem Jahr gibt es mit dem ELTIF 2.0 eine auch für Privatanleger attraktive Alternative, die ebenfalls Beteiligungen an Sachwerten wie Infrastruktur und Immobilien ermöglicht und nach Meinung von Marktbeobachtern den OIF viel Wasser abgraben könnte.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
01.02.2024
Der Wildwuchs an Nachhaltigkeitsdefinitionen und -kriterien stellt Anleger, die ihr Geld ökologisch und sozial verantwortungsvoll wirken lassen wollen, vor Herausforderungen. Welches Investment hat wirklich nachhaltigen Effekt, welches wird nur „grüngewaschen“? Mit der Offenlegungsverordnung will die Europäische Union für mehr Transparenz in dieser Frage sorgen, indem bestimmte Kennzahlen nach einheitlichen Standards veröffentlicht werden müssen.
Während die Finanzwirtschaft indes noch mit der Umsetzung beschäftigt ist, legen die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) nun Vorschläge für eine Überarbeitung vor: Unter anderem sollen weitere soziale Indikatoren und Treibhausgas-Kennzahlen aufgenommen werden. Das steht konträr zum gleichzeitig formulierten Ziel, die Nachhaltigkeitsaufklärung für Kunden leichter verständlich zu machen. Denn auch die bisher schon vorgesehenen Pflichtinformationen sollen erhalten bleiben. Der deutsche Versicherer-Gesamtverband GDV setzt sich deshalb weiterhin für eine Vereinfachung ein, damit auch Nicht-Profis die nötigen Informationen schnell überblicken und einordnen können.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
19.10.2023
Über 280 Themenfonds sind derzeit auf dem deutschen Markt erhältlich. Sie setzen beispielsweise auf Ernährung, Digitalisierung, Konsum & Freizeit oder Mobilität der Zukunft. Weitere 150 Fonds kombinieren mehrere dieser Anlagesegmente. Die deutschen Anleger greifen gern zu: In den letzten drei Jahren stieg das investierte Volumen um 45 Prozent. Doch wie die Berliner Ratingagentur Scope errechnet hat, wäre man in den meisten Fällen mit einem Engagement im MSCI World Index besser bedient – zumindest wenn man jeweils alle Fonds zu einem Thema über einen Kamm schert.
Auf Jahressicht konnten lediglich Fonds aus den Bereichen KI & Big Data und Robotik & Automatisierung den Weltindex schlagen. Längerfristig (drei Jahre) gelang dies nur dem Thema Mobilität der Zukunft.
Allerdings gibt es zwischen den einzelnen Fonds zu einem Thema mitunter erhebliche Unterschiede. Im Bereich Konsum & Freizeit etwa betrug die Spannbreite der Zwölf-Monats-Rendite –8,2 bis 31 Prozent. Noch weiter geöffnet ist die Performanceschere zwischen Fonds zum Thema Mobilität der Zukunft: Während der beste 22 Prozent Jahresrendite einfuhr, verzeichnete das Schlusslicht ein Minus von mehr als 43 Prozent.
Enrico Rohr | Keine Kommentare
05.10.2023
Kleinere börsennotierte Unternehmen, sogenannte Small Caps, gelten vielen Privatanlegern als zu unsicher. In der Tat zeigen sie höhere Kursausschläge als der Gesamtmarkt: Im Schnitt mussten Investoren im letzten Jahrzehnt eine jährliche Volatilität von gut 17 Prozent aushalten. Die Durchschnitts-Standardabweichung betrug im MSCI World verträglichere 14,6 Prozent. Dem steht aber auch eine durchschnittlich höhere Rendite der Small Caps gegenüber, die zwischen 1998 und 2021 jährlich drei Prozentpunkte mehr als der Gesamtmarkt einfahren konnten. Für Anleger, die Volatilität aushalten können, sind sie damit eine erwägenswerte Portfoliobeimischung.
Nach Meinung von Analysten ist der Einstiegszeitpunkt momentan günstig: Die allgemeine Erholung an den Börsen hat das Small-Cap-Segment bisher weniger erfasst. Während der MSCI World Index von Januar bis Ende Juli um 19 Prozent zulegte, machte der MSCI World Small Cap Index lediglich 13 Prozent gut. In der Folge bieten Small Caps auch noch ein attraktiveres Kurs-Gewinn-Verhältnis (16) als der breite Markt (18).